Eine Lehrstunde in Einfühlungsvermögen

Indigene Menschen aus Kanada zu Besuch an der Kantonsschule Beromünster

 

Die Teufelskreisläufe der internen Kolonialisierung Kanadas und der USA sichtbar zu machen und aufzuarbeiten, und so zur kulturellen Verständigung beizutragen, ist eines der Hauptanliegen der aktuellen Ausstellung im Dolderhaus: «Aski-Land – Indigene Stimmen aus Kanada». Die Ausstellung wurde von Museumsleiter Manuel Menrath initiiert, und bot der Kantonsschule Beromünster die Gelegenheit, das Schicksal indigener Menschen zu einem Thementag für die ganze Schule zu machen. Der Tag stand unter dem Patronat der UNESCO, denn die Kantonsschule Beromünster gehört zu den UNESCO-assoziierten Schulen der Schweiz.

Nach einer gemeinsamen Eröffnung in der Aula beschäftigten sich die 344 Schülerinnen und Schüler in rund 18 Workshops intensiv mit dem Thema. Die persönliche Begegnung mit der indigenen Kanadierin Louise Thomas, Mitglied der Sucker Cree First Nation (Alberta, Kanada), ihre Authentizität, ihre Offenheit und ihre Geduld, beeindruckte die Schülerinnen und Schüler. Die Fünft- und Sechstklässler der Kantonsschule konnten später im Rahmen ihrer Workshops, welche rund um die Ausstellung im Dolderhaus stattfanden, nochmals im kleinen Kreis mit Frau Thomas sprechen (in Englisch). Derweil besuchten die Dritt- und Viertklässler einen Vortrag von Toni Rogger, dem Vorsitzenden der Don Bosco Jugendhilfe Weltweit, über seine Begegnung mit den Yanomami  im venezolanisch-brasilianischen Grenzgebiet. Erst- und Zweitklässler durchliefen mehrere Workshops im peer-to-peer-Unterricht, d.h. Workshops, welche von Maturanden erarbeitet und erteilt wurden. Die Fünftklässlerin Lia Weber hat zusammen mit ihrer Kollegin Amélie Loose einen solchen Workshop für die jüngeren Schülerinnen und Schüler erarbeitet und meint: «Mir hat es Freude bereitet den jüngeren SchülerInnen das Thema der indigenen Völker näherzubringen. In den Ateliers stellten wir die Situation der Vergangenheit in den USA dar, und stützten uns dabei auf das Buch «Verlorene Welten» von Aram Mattioli. Einzelne Völker wie die Navajo oder auch Cherokee haben wir noch genauer beleuchtet. Der ganze Morgen war sehr spannend, und war eine tolle Möglichkeit neue Erfahrungen zu sammeln.» Und der dreizehnjährige Janis Scherrer (zweite Klasse) zieht folgendes Fazit: «Ich habe zum Beispiel erfahren, was «indigen» überhaupt heisst (Eingeborener oder Ureinwohner), welche Bräuche diese Völker pflegen, und was für einen geschichtlichen Hintergrund sie haben. Mein Fazit dieses Morgens: Man sollte die Kultur und auch die Lebensräume der indigenen Völker schützen und fördern, da diese in den letzten paar hundert Jahren schon zu stark eingeschränkt wurden.» - Und Zeitzeugin Louise Thomas? Sie sei dankbar nicht länger von der eigenen Geschichte abgeschnitten zu sein, und ihre Lebensgeschichte mit Schülerinnen und Schülern überall auf der Welt teilen zu können. Sie ist überzeugt, dass die Begegnung mit einer fremden Kultur die Toleranz und den Respekt für alle menschlichen Lebensformen fördert. Die Versöhnung ihres Landes mit seinem indigenen Erbe steckt noch in den Kinderschuhen, aber das Bewusstmachen der eigenen leidvollen Geschichte, oder die Entdeckung des völlig anderen Zugangs der Indigenen zur Natur (in Zeiten der Klimaerwärmung), könnte so manches in kanadischen Reservationen immer noch andauernde Unrecht durchbrechen helfen. Denn Geschichtslosigkeit, das heisst Nichtbewusstsein der Geschichte, ist nicht Freiheit von der Geschichte, sondern blindes Verfallensein in ihr unbegriffenes Verhängnis, so hat es der Schweizer Historiker Herbert Lüthy (1918-2002) einmal formuliert.

Matthias Kreher

 


Schülerfragen

  1. Was ist euer Lieblingsessen?
  2. Was ist das Schönste am indigenen Leben (für Sie)?
  3. Wie schwierig ist es, zwischen den indigenen Traditionen und den Anforderungen der westlichen Mehrheitsgesellschaft ein Gleichgewicht zu finden?
  4. Auf welche Art und Weise kann man eure Kultur ehren? Wie kann man zeigen, dass man sie respektiert?
  5. Was müsste sich in der Welt ändern, damit sich indigene Menschen wohl fühlen, und sie ihre Lebensweise besser ausleben könnten?
  6. Werden Sie ausserhalb Ihrer Reservation auf ihr indigenes Aussehen angesprochen?
  7. Wann und wie in Ihrem Alltag merken Sie noch heute die Unterdrückung bzw. Ausgrenzung?
  8. Wieso möchten Sie so abgelegen (im hohen Norden) wohnen? Warum könnten Sie sich ein Leben in einer grossen kanadischen Stadt nicht vorstellen?
  9. Wie funktioniert das Schulsystem in den Reservationen? Auf welche Art und Weise fliesst das indigene Wissen der Vorfahren bzw. Ältesten in den Schulalltag ein? Fliesst es überhaupt ein?
  10. Was denken Sie bringt es für die Zukunft, wenn so ein Anlass an einer kleinen Schule in der Schweiz stattgefunden hat?
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